Ich bin dabei ein Herzens-Projekt in die Welt zu bringen und das fordert mich ganzheitlich.
Neue Aufgaben wollen erforscht werden, neue Fähigkeiten angelernt und mein Inneres wird auf den Kopf gestellt, um auch sicher zu gehen, dass das Projekt, das ich mir ausgesucht habe, wirklich aus der Tiefe kommt.
Radical Now, mein geliebter Blog, muss derzeit sehr darunter leiden, doch heute hatte ich plötzlich Zeit und bin meine Einträge wieder durchgegangen.
Dabei fiel mir ein Kommentar unter einem Beitrag auf, zu dem ich auch schon etwas gesagt hatte, doch ich will jetzt doch noch etwas tiefer darauf eingehen.
Hör auf zu heulen! Sei nicht wütend!
Eine junge Frau schrieb über ihre Wut. Als Kind wurde sie nicht wahrgenommen oder gar hierarchisch unterdrückt, wie sie sagt.
Ihre intensiven Gefühle nahm keiner ernst und wurden ihr durch Kritik abtrainiert.
Im Laufe der Jahre verhärtete sie immer mehr, machte sich kälter und gefühlloser.
Sie war davon überzeugt, dass etwas nicht mit ihr stimmt,weil ihre Emotionalität so stark war.
„Weil ich dachte, ich dürfe diese starken Gefühle nicht haben und etwas stimmt mit mir nicht.
Diese Gefühle in mir sind aber so stark und so lebendig.
Ich habe den Eindruck, dass sie gefühlt und gelebt werden wollen. Aber ich verbiete es mir. Und das führt immer wieder zu unkontrollierten Gefühlsausbrüchen (meist heftige) in denen ich mich nicht oder nur schwer bremsen kann.
Es sind dann Gefühle wie Hass, Verzweiflung und Schmerz, Wut…“
Heute hat sie einen Mann, von dem sie sich nicht geliebt fühlt, mit dem sie viel streitet: „…immer wieder werde ich wütend, vergesse mich selbst und verschließe mein Herz, wenn ich merke, er nimmt mich nicht ernst oder wahr.“
Ein Alien unter Menschen
Sie ist auf der Suche nach einer einfachen Methode:
„…froh über mich selbst zu sein und mein wahres Ich kennen zulernen und dieses voll auszuleben und lieben lernen.
Ohne Grenzen und schlechtes Gewissen. Einfach authentisch sein. In allem was ich bin. Mit allem was ich bin. Dazu gehören auch meine vermeintlich negativen Seiten.“
Mich berührt ihr ganzes Problem, ihre Suche nach Authentizität sehr. Ich kenne es sehr gut. Ich fühle diese Frau so stark in ihrer Wut darüber nicht gesehen zu werden, wie sie wirklich ist.
Ich kenne das Gefühl, mich falsch zu fühlen, weil die „anderen“ nicht so starke Emotionen haben. Das fühlt sich außerirdisch an unter lauter Menschen.
Das macht einsam, das macht traurig. Und weil Du dazugehören willst, weil Du Dich nach Verbundenheit und Anerkennung sehnst, fängst Du an Dich zu verschließen.
Du machst dich kalt
Du schiebst sie weg, die Gefühle, schneidest sie ab von Dir. Bis es leichter wird. Bis Du langsam nicht mehr rankommst, an die Tiefe, an den Ursprung, bis der Schmerz Dich nicht mehr stört, in Deinem Alltag.
Die Dinge berühren Dich dann nicht mehr so sehr. Es wird erträglicher und Du findest auch Anschluss. Doch Du fühlst dennoch, dass Du Dir nur Illusionen machst.
Der Schmerz ist immer noch da. Er wirkt aus der Tiefe und überrascht Dich in den unpassendsten Momenten. Das, was Du kontrollieren willst, das kontrolliert plötzlich Dich.
In diesen Momenten kannst Du Dich nicht bremsen, Du wütest, Du hasst, Du könntest töten.
Und dann ist es plötzlich wieder vorbei, wenn die Energie sich entladen hat.
Dann kommt die Traurigkeit, die Schuld, der Selbsthass.
Die tiefe Wunde ansehen
Alles will gelebt werden, alles will ausgedrückt werden. Authentisch sein heißt nicht, den anderen Dein wahres Inneres zu zeigen.
Authentisch sein, bedeutet ehrlich zu Dir selbst zu sein und zu Dir zu stehen. Zu Deinem Schmerz zu stehen, der tiefen Wunde in Dir, nicht gesehen worden zu sein, nicht so geliebt worden zu sein, wie Du es gebraucht hättest.
Als Kind ist man so offen, so hilflos ausgeliefert in seiner Liebe. Es tut verdammt weh, wenn die Eltern Dich nicht so haben wollen, wie Du bist. Wenn sie Dich nicht verstehen und Dich nur durch ihre eigenen Filter wahrnehmen.
Es ist manchmal so schmerzvoll, dass Du Gefahr läufst, es nicht zu überstehen. Dann entwickelst du Gegenmaßnahmen. Du spaltest Dein reiches Innenleben von Dir ab. Du nimmst Dich nicht mehr ernst und distanzierst Dich von Dir selbst.
Und damit schneidest Du Dich von der Quelle Deines Lebens ab. Es wird leichter, erträglicher. Aber es wird auch farbloser, eintöniger, lebloser.
Komm wieder zu Dir
Dein Herz weiß das. Und es wartet auf Dich. Es wartet darauf, dass Du es endlich wieder ernst nimmst. Es will von Dir gesehen werden und angenommen werden so, wie es ist.
Eine Quelle sprudelt ungehindert. Sie ist, wie sie ist. Mal laut, mal leise. Mal viel, mal wenig. Sie will nichts. Sie ist einfach.
Lass Deine Quelle wieder fließen, öffne Dich für Dich selbst, sieh Dich selbst an und nimm Dich wahr. Nimm wahr, was Du fühlst. Jetzt. Und lass es da sein.
Die Wut gilt Dir selbst, weil Du Dich verraten hast. Weil Du Dich abgewendet hast von Dir selbst.
Kein Mensch der Welt kann diese Wunde für Dich heilen. Das kannst nur Du. Indem Du Dich so liebst, wie Du geliebt werden willst.
Nimm Deine eigene Verurteilung an. Akzeptiere den Selbsthass. Umarme das Gefühl nicht falsch sein zu wollen, geliebt werden zu wollen. Lass es da sein. So, wie alle anderen Gefühle auch.
Keines ist besser oder schlechter als das andere.
Das geht nicht mit dem Kopf, nicht mit dem willentlichen Verstand. Das geht nur über das Herz, über Deine Liebe. Finde die Liebe wieder.
Ich wünsche Dir viel Mut, Deine Tiefe neu zu entdecken.
Deine Nicole