Wenn mein Körper gesund ist, spüre ich ihn in der Regel nicht. Das ist gut eingerichtet von der Natur, denn so steht er mir als stilles und feingestimmtes Instrument zur Verfügung, um das Leben in Erfahrung zu bringen. Als vollkommener Resonanzkörper informiert er mich über alles, was durch die Sinne als Wahrnehmung in ihn hineinreicht. Meine Hände, Füße, die Nase, der Mund, die Augen, Ohren, die Haut … all dies sind herrliche Erkundungswerkzeuge.
Durch diesen Körper fließt ein Energiestrom, der leicht und dennoch kraftvoll durch Adern, Fasern, Sehnen geht, wenn er nicht durch Verdichtungen daran gehindert wird. Wie Steine, die im Fluss liegen, können energetische Blockaden dazu führen, dass der Lebensstrom, der mich durchfährt, Umwege suchen muss, um seinen Weg fortzusetzen.
Die größte erfahrbare Blockade innerhalb dieses Energiestromes jedoch trägt den Namen Ich. Ich ist eine Art Zentrum, ein Ort, in der die Erfahrung „Hier“ zur Bedeutung gerinnt.
„Hier bin ich“, ist Ausdruck dieser Auffindbarkeit innerhalb des energetischen Flusses, den die materielle Form des Körpers, begrenzt.
„Ich“ als eigene Erfahrungswelt
„Ich“ bildet eine scheinbar eigene Erfahrungswelt innerhalb des Lebensflusses. Gedanken erscheinen als Informationsmagneten meiner Aufmerksamkeit, die ihre Aufladung als Empfindungen sichtbar machen. Diese Empfindungen erfühlen sich in meinem Körper als Ansammlung von Schwingungen, die in unterschiedlichen Frequenzen vibrieren.
Daraus entstehen solche Wahrnehmungen wie „Ich leide.“ Innerhalb dieser Ich-Verdichtung kommt es zu Dissonanzen, die sich schmerzvoll anfühlen. Harmonie und Dissonanz wechseln sich in unbestimmbaren Zeiträumen ab. Wie Herzschläge, die durch Kontraktion und Relaxion das Blut durch die Adern treiben.
Hier zieht Leichtigkeit immer Schwere nach sich. Freude immer Schmerz und Liebe immer Angst.
Kannst Du sehen, dass dieses Ich, das sich als Bezugspunkt aller Erfahrungen empfindet, lediglich eine Ballung innerhalb eines größeren Erfahrungsfeldes ist? Wenn das möglich ist, wird sich dieses Erfahrungsfeld immer deutlicher empfinden und die Ich-Verdichtung wird immer durchlässiger.
Das Leiden als „eigene“ Erfahrung
Erst diese Erkenntnis verhilft mir dazu, das Leid, das ich bisher als „meines“ erfahren habe, zu durchdringen und hinter mir zu lassen. Das ist das Sterben des Ich, das ich bisher war. Zugunsten eines Ich, das sich mir als unüberschaubare Weite offenbart.
Dann wird derjenige, der immer wieder Leid mit sich assoziiert und ihm nachgeben will als derjenige erkannt, der leiden muss, weil er sich mit etwas verwechselt, was er nicht ist. Dann wird gesehen, wie es sich zusammensetzt.
Jetzt dünnt die Ich-Vorstellung aus und verliert an Relevanz. Sie wird als das erkannt, was sie ist: Eine Ansammlung von bestimmten Vorstellungen und Meinungen, die sich, wie auf einem alten Dorfplatz, immer wieder zusammenfinden, um sich ihre Anwesenheit stets aufs Neue zu bestätigen.
Der Ort des Leidens ist nicht wirklich
Hier geht es nicht um Leidvermeidung und das einseitige Streben nach lichtvollen Gedanken und Gefühlen. Hier ist klar und deutlich, dass der Ort, an dem Leid empfunden werden kann, eine ausgedachte Komprimierung ist.
Im Grunde lässt mich jeder Widerstand, den ich in mir als Schmerz und Enge erfahre, die Hülle spüren, die mich von mir als Weite trennt. Indem ich mich öffne für das Gefühl, das hinter dem Widerstand liegt, indem ich ihn passieren und faktisch nirgendwo auftreffen lasse, löst sich die Hülle von selbst auf.
Das Gefühl ist der Durchgang zu Erlösung in die Weite.
Das sprengt alles auf, was ich als dichte, innere Grenze bisher erlebt habe. Ich spüre mich letztlich allein durch das Ertasten meiner Grenzen. Je weniger sie werden, umso weniger erlebe ich Verdichtungen als Vorstellungen von mir. Ich bin ein weites Feld, in dem es immer wieder zu Verknotungen kommt, die sich lösen, wenn ich sie wirklich ansehe und mich nicht in ihnen verliere.
Jetzt können Probleme gelöst werden
Das heißt nicht, dass sich dann alle Probleme in Wohlgefallen auflösen. Aber jetzt können sie gelöst werden und zwar einfach deshalb, weil ich mich jetzt direkt wahrnehmen kann, ohne Geschichte, ohne ausgedachte Ideen über mich.
Der Mut, den es braucht, besteht darin, wirklich für möglich zu halten, dass das, was ich schon immer als leidvoll erfahre, – zum Beispiel nicht geliebt zu werden und dafür immer Leistung erbringen zu müssen – nicht die Wirklichkeit über mich ist. Das ist das Sprungbrett. Ich trete nicht mehr in die Scherben, die mir weh tun. Der Schmerz der Zurückweisung kann nur in mir als begrenzte Ich-Vorstellung stattfinden. Nur, weil ich ihm darin nachgebe. Was ich bin, kann nicht von sich selbst zurückgewiesen werden. Das tut nur ein blindes Ich, das sich nicht sieht.
Und dennoch kann es weh tun. Schmerz bleibt ein elementarer Bestandteil des Erlebens. Es geht nie um Unberührbarkeit. Aber das, was abfällt fällt ab, es fällt einfach ab. Das, was nicht stimmt, wird als nicht stimmig erkannt und will irgendwann losgelassen werden.
Jetzt habe ich Zugang zu dem Wunder, das mir als mein Leben offenbar wird. Das Wesen der unaufhörlichen Selbstentdeckung wird mir bewusst und lässt mich Lebendigkeit in Empfang nehmen, genau so, wie sie sich hier ereignet.
In Verbundenheit, Nicole
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