
Wenn wir davon sprechen, dass etwas menschlich ist, dann meinen wir damit eine Fehlerhaftigkeit, die verzeihbar erscheint. Weil sie einfach nicht überwindbar ist. „Das ist menschlich“ – bedeutet: Das geht uns allen so! Da kann keiner raus. Wir kennen es alle. Und darin sind wir miteinander verbunden. In der Ausweglosigkeit.
In dieser Verbundenheit liegt eine Erleichterung. Die Erleichterung des Zulassens. Wir gestehen uns gegenseitig unsere Hilflosigkeit ein und fühlen uns in unserer Fehlbarkeit gesehen und akzeptiert.
Das eigene Erleben wird erst dann leicht und verbunden, wenn ich diese Akzeptanz der (scheinbaren) Fehlerhaftigkeit für mich selbst in Anspruch nehme. Wenn ich anfange, den strengen Blick desjenigen in mir selbst zu entkräften, der mir beständig ein Idealbild vorsetzt, dem ich entsprechen soll. Wenn ich anfange mir selbst gegenüber Menschlichkeit walten zu lassen.
Mitgefühl zu mir selbst zu entwickeln bedeutet, das Wesen zu erleben, das dem Druck der Idealvorstellungen von sich selbst ausgeliefert ist. Es zu erleben heißt, den Schmerz direkt wahrzunehmen, dem es ausgesetzt ist. Ich selbst erlebe, wie es sich anfühlt, nie zu genügen. Statt den Kritiker in mir zu rechtfertigen.
Wenn ich wirklich erlebe, wie es sich anfühlt immer und immer wieder an die Leine genommen zu werden, um etwas zu erreichen, was sich wie Glücklichsein anfühlen soll, dann wird mir klar, dass ich selbst es bin, die sich verletzt. Im Bewusstwerden der tiefen Unmenschlichkeit, die ich mir zumute, indem ich ein Zerrbild von mir verherrliche, statt die Wirklichkeit der individuellen Lebendigkeit in mir auch nur einmal anzusehen, wird mir klar, dass es so nicht weiter gehen kann, wenn ich an diesem Leben nicht vorbei gehen will.
Es ist das Gegenteil von Mitgefühl. Es ist kalt und faschistisch. In mir soll nur die eine Blume blühen. Die Lilie, die gerade, schön, erhaben, eindrucksvoll, stolz und ewig schön in heller Fassade steht. Ein Mahnmal menschlicher Vollendung. Selbstbeherrschung, Erfolg, Schönheit, Intelligenz und Macht, die sich als Vorstellung vom Ideal entwickelten menschlichen Potenzials in mir vereinigen und manifestieren sollen.
Das ist totlangweilig und in vollendeter Dummheit dem Unglück geweiht. Das Unglück liegt darin, dass ich den lebendigen Teil von mir, den chaotischen, unvorhersehbaren, den wilden und zügellosen Teil, vor mir selbst verstecken muss. Er muss im Dunklen verbleiben, weil ich sonst in ewiger Angst vor diesem vibrierenden Punkt leben müsste. Der mir alles versauen könnte. Ich muss ihn also unter Kontrolle bringen.
So lange ich nicht erlebe, was das bedeutet, mache ich so weiter mit mir. Dann habe ich mich im Griff und alles läuft nach Plan. Bis ich zusammenbreche. Weil nichts, rein gar nichts, der beständigen Wandlung des Lebens Stand halten kann. Selbstkontrolle ist ein vergeblicher Kampf gegen meine menschliche, gegen meine universelle Natur.
Je eher mir das klar wird, um so eher komme ich in Berührung mit mir selbst. Und Berührung ist das, was uns völlig aus dem Konzept bringt, wenn sie wirklich stattfindet. Dann sind wir ergriffen. Machtlos. Und uns darüber völlig bewusst. Diese Machtlosigkeit ist zutiefst gewollt. Weil sie uns vollkommen mit direktem Erleben erfüllt.
In diesem Erleben hat kein trennender Gedanke eine Chance. Wir sind total hier. So total, dass es uns sprachlos überwältigt. Diese Direktheit ist für die meisten von uns am Rande der Erträglichkeit. Und dennoch bedeutet sie das einzige Glück, das wirklich ist. Wirklich, weil es an einem Ort stattfindet, der keine Grenzen hat. An einem Ort, der noch nicht mal einen festen Bezugspunkt hat, außer hier und jetzt und dieses Glück an keinen Bedingungen hängt.
Normalerweise sind wir nicht total hier, weil wir immer an Vorstellungen von uns selbst hängenbleiben, ohne uns darüber bewusst zu sein. Jedes konstruierte – es sollte anders in mir sein – ist das Festhängen in der Konzeptschleife. Die Verhinderung von Hier und Jetzt und meiner lebendigen Freiheit einfach zu sein.
Solange ich Vorstellungen von mir selbst habe, wie ich richtig wäre, was ich tun sollte, was besser an mir wäre, wie ich den Bedürfnissen anderer gerecht werde, so lange trenne ich mich von mir. Auf diese Weise verhindere ich den Kontakt zu mir als dieses Wesen, als das ich hier und jetzt lebe.
Ich beraube es seines eigenen Atems. Ich trichtere ihm ein, es sollte bitte so sein, wie die bewunderten Vor-Bilder, die ich glaube aus einem authentischen Selbst heraus generiert zu haben, ohne zu sehen, dass sie mich als Selbstausdruck vollständig verhindern.
Ich komme nicht auf die Idee herauszufinden, welche Dinge mir gegeben sind. Doch nur das Mitgefühl für mich selbst, ist der erste Schlüssel zu einem Leben, das ich mir in keiner Weise vorstellen oder ausmalen kann. Es ist das Ende des sklavischen Nacherlebens von Bedürfnisbefriedigungen, die in Wirklichkeit nichts mit mir zu tun haben, weil sie lediglich, wie Malen nach Zahlen, einen Weg nachvollziehen, der einer induzierten Massentrance geschuldet ist.
Meinen eigenen Weg zu beschreiten, das ist die Entdeckung, die ich in diesem Leben machen kann.
Ohne Mitgefühl für mich selbst, kann ich diesen Weg niemals finden. Denn ohne die Erlaubnis, ich selbst zu sein in allen Facetten, die sich zeigen, unabhängig von der Meinung anderer, einschließlich der internen Kritikerstimme, werde ich immer wieder ausgetretenen Pfaden folgen. Aus Angst vor Ausgrenzung. Dabei verstehe ich nicht, dass der Ursprung der Ausgrenzung in mir selbst liegt.
Wenn Du genug davon hast Dich zu übersehen und erkennen kannst, dass Du immer nur unter den Gedanken über Dich leidest, dann ist der Online Kurs, den ich zusammen mit dem spirituellen Lehrer Daniel Herbst kreiert haben, das Richtige für Dich.
In 7 tiefgehenden Interviews gehen wir der Frage nach, was uns wirklich hindert zu uns selbst zu finden, als Wesen, die erst dann, wenn sie sich selbst nah kommen, wenn sie aufhören sich zu verurteilen, zu vergleichen und abzuwerten in ein Lebensgefühl finden, das frei, offen und voller echter Möglichkeiten ist.
Hier gibt es mehr Infos dazu: www.der-befreite-mensch.com
In Verbundenheit, Nicole
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