
Die Dreifaltigkeit des Seins
Das ungesehene Dilemma eines ganz normalen Menschen ist seine Gefangenschaft in der Polarität. Er sucht das Gute, Gesunde, Verbindende, das Schöne, Leichte, und will es für immer konservieren. Das Kranke, das Schlechte, Das Trennende, das Ungute, das Falsche wird abgespalten, gemieden, weggesperrt, überdeckt und ausgeblendet. Das Leben als Licht und Freude wird bejaht, der Tod als Dunkelheit und Trennung wird verneint.
Beide „Zustände“ werden vollkommen geglaubt, abgenommen und weiterverfolgt. Wir bewegen uns innerhalb eines geschlossenen Systems, das sich endlos wiederholt, ohne jemals als Wiederholung durchschaut zu werden. Depression ist das häufigste Ergebnis dieser Ausweglosigkeit. Und wir werden selten bis nie misstrauisch, kommen fast nie auf die Frage: „Kann das wirklich so stimmen?“
Wir sind völlig verloren, wenn wir uns an das Leben in seinen endlos vielen Facetten klammern und immer wieder erkennen müssen, dass es uns ständig, auf verschiedenste Art und Weise wieder entrissen wird. Ob wir wollen oder nicht. Wir werden herumgeschleudert vom Schmerz in die Freude, von der Verbindung in die Trennung, von der Angst in die Sicherheit, vom Dunkel ins Licht und wieder zurück.
No exit. Kein Ausweg aus dieser Pendelbewegung.
Es sei denn, wir werden darauf aufmerksam. Was hierin fehlt, ist die Entdeckung, dass es
so ist! Und diese Entdeckung, dass wir in einem endlosen Kreislauf gefangen sind, zieht eine weitere Entdeckung nach sich: Wer ist es, der das sehen kann? Hier öffnet sich das Tor zu einer Dimension, die vorher nicht sichtbar war, obwohl sie schon immer vorhanden ist.
Wer kann den Kreislauf sehen? Die dritte Instanz im Bunde der Polarität ist Bewusstsein. Nun wird, im Lichte der Erkenntnis, die pausenlos wirkende Wechselwirkung sichtbar. Wir haben uns von der Polarität in die Dreifaltigkeit bewegt. Gleichzeitig ist Bewusstsein der alles umspannende „Ort“, an dem alles stattfindet, der alles in sich beherbergt. Und wo geschieht wiederum das?
In mir, in Dir. Bewusstsein ist das Sehende, das durch unsere menschliche Verkörperung in sein Bewusstein über sich selbst finden kann.
Bewusstsein ist der Ausstieg aus der Dualität, ohne sie zu verlassen.
Hier ist der Moment, wo Paradoxien auftreten, die mit dem Verstand nicht fassbar sind und dennoch fassbar sind, wenn Bewusstsein, statt Verstand, die Führung übernimmt.
Bewusstsein lässt uns aus dem dualen System aussteigen, in dem fast die gesamte Menschheit verhaftet ist. Erst diese Sicht „von oben“ oder „außen“, lässt uns sehen, was los ist. Wo der „Fehler“ steckt, der keiner ist, denn er ist ausschließlich dazu da, um sich selbst als Hindernis zu entlarven und an seinen rechtmäßigen Platz zu fallen: ins bewusste Sein und nicht als Bewusstein.
Es gibt nur bewusstes Sein
Der Verstand muss seinen Herrschaftsanspruch aufgeben, um durchlässig zu werden für die Wirklichkeit.
Es gibt nur bewusstes Sein, in dem Bewusstsein und Unbewusstsein wechselseitig wirken. Null und Eins fallen in ein Drittes zusammen, in die ewige Einheit. Ins ewige Jetzt.
Nur hier findet alles statt. Und diese Dreifaltigkeit ist wiederum ein endloser Kreislauf. Keines kann für sich allein stehen, nichts ist absolut. Der Kreislauf an sich ist absolut, doch keines seiner Teile.
Die Nacht, die auf sich selbst besteht und den Tag bekämpft, der sich gegen die Nacht verschworen hat, bewirken nichts als Vernichtung der innerlich wirksamen Harmonie. Die Vernichtung des natürlichen Gleichgewichtes. Das Resultat ist Krankheit. Oder Auflösung des bestehenden Verbundes.
Was bedeutet das nun ganz konkret für mein und Dein Leben?
Hören wir damit auf, dem Dunklen in uns auszuweichen und dem Hellen entgegen zu laufen.
Bleiben wir stehen und werden uns gewahr, wie beides in uns stattfindet. Du bist der Ort der Wahrnehmung, Du bist der Ort des Geschehens, Du bist Anwesenheit, die sich ihrer selbst durch das, was und wie ihr geschieht, erkennt. Du bist das Auge des Orkans.
Wenn es Dir gelingt zu sehen, was in Dir stattfindet, welche Kräfte in Dir um ihre Vorherrschaft kämpfen, kannst Du als erkennende Instanz zum Meer werden, in dem alles nebeneinander stehen darf.
Du wirst zur Mutter und zum Vater Deiner inneren Erscheinungen, Deiner Gedanken und Gefühle. Sie sind wie Meerestiere, die in endloser Form und Zahl auftreten. Du hörst auf damit, Deine Lieblinge zu bevorzugen, Du hörst auf damit, die Ungeliebten aus Deinem Sichtfeld zu verbannen und öffnest Deine Arme. Du erkennst Dich als unsichtbaren Raum, als lichte Transparenz, die alles beherbergt.
Wirkliche Liebe
Jetzt kann sich alles beruhigen. Hier können wir von wirklicher Liebe sprechen, weil es keine Bedingungen mehr gibt. Du lässt „Dich“ in Form Deiner Befindlichkeiten in Ruhe. Du siehst Dich. Du siehst alles von Dir, sobald es auftaucht. Du hörst aber auf darauf so zu reagieren, als wäre der Zustand, in dem Du gerade bist, absolut. Du erkennst, dass nur Du selbst als sehende Instanz diese Absolutheit beanspruchst. Alles andere ist veränderlich, vergänglich, ein einziges Auftauchen und Abtauchen.
Du wirst der ewigen Wandlung gewahr, weil Du Dich selbst als unwandelbare Anwesenheit in Allem erkennst.
Bedeutet das, dass Du nie mehr in Gefühle eintrittst und nur noch alles von „Außen“ „bezeugst“? Nein! Es bedeutet, dass Du zutiefst weißt, was Gefühle sind, dass Du zutiefst weißt, was Gedanken sind und in sie eintauchen kannst, und auch von ihnen lassen kannst, weil DU anwesend bist als das, was sie in sich trägt. Hier beginnt das Spiel erst Spiel zu sein. Hier und Jetzt kommt alles zusammen als alles beinhaltender, ungeteilter Augenblick.
Du bist wie Luft, wie durchsichtiges Licht, in dem Hell und Dunkel erst erscheinen können.
Hell und Dunkel sind Deine Kinder, die sich gegenseitig bedingen. Die Dich brauchen, um sich selbst sehen zu können und die Du brauchst, um – durch sie – zu sein.
Gott braucht seine Schöpfung, um Gott zu sein. Sonst verbleibt er in sich, als für sich selbst inexistente Anwesenheit. Für sich allein genommen gibt es keine Nicht-Existenz. Für sich allein genommen gibt es keine Existenz. Zusammen erscheinen sie im ewigen Bewusstsein und das ist immer Jetzt.
In Verbundenheit, Nicole
Wenn Dich der Artikel inspiriert hat, freue ich mich sehr über den Ausdruck
Deiner Wertschätzung mittels einer Spende. Vielen Dank!
Wunderschön, Keine Trennung nur zwei Seiten in einem Ganzen.
Klare Worte, liebe Nicole. Danke.
… puh, ist das schön! 😌 Hörend ganz besonders 🙂