Der Herzschlag der Liebe ist still

 

Dasein ist reines Gelassen-sein. Wo, wenn nicht in der Natur, können wir die Manifestation dieses Gelassenseins am besten entdecken? Sehen wir den Acker, das Feld, den Berg, den Wind, den Sturm, die vom Blitz getroffenen Bäume an, so sehen wir – sie sind vollkommen als sie selbst ausgedrückt. Als hätte ein Maler jedes winzige Detail berücksichtigt, jede Ader, jeden Riss, jeden Tropfen Lebenssaft, jede im Innersten wirkende Kraft beachtet und mit einer feinen Feder ausgeführt.

Egal, wie der Baum steht, ob er in seiner vollen Blätterpracht erscheint oder ob er verkrüppelt ist und keine Früchte trägt, er ist genau so dargestellt, wie er ist. In seiner absoluten Vollkommenheit. Er darf in seiner Pracht stehen und er darf genau so schwach und kränklich sein und langsam vergehen.

Alles darf so sein, wie es ist. Natürliche Kräfte sind solche, die einfach wirken, wie sie wirken, grundlos, ohne Vergleich und ohne Hoffnung. Denn was ist Hoffnung? Es ist ein Streben nach einer Alternative zu dem, was ist. Doch es gibt nur das, was ist. Im Einsinken in die Gegebenheit dessen, was sich präsentiert, erfährt sich Dasein. Kein Werden. Nur Sein.

Ob ich hadere oder zweifle …

Ich erfahre mich immer so, wie es jetzt ist. Ich bin wie die Bäume, in meinem Ausdruck gelassen. Genau so, wie ich erscheine. Ob ich hadere und zweifle, ob ich verzweifelt bin oder glücklich, ob ich Hoffnungen auf eine bessere Zukunft oder einen guten Ausgang habe oder still am Feuer sitze und mich in den Flammen verliere … Ich bin wie ich passiere.

Ja, Schmerzen tun weh, ja Angst ist beängstigend, ja Frustration ist frustrierend … aber nur so- lange sie nicht wahrgenommen und ausgedrückt sein dürfen. Solange ich mich dagegen stelle und ihnen die alternative Idee einer besseren Erfahrung entgegensetze. Alles was erscheint, sind Kräfte, Energien, Gefühle, die mich passieren. So wie der Fluss nicht geradlinig ins Meer fließt, sondern Biegungen, Windungen, Gefälle, Schnelligkeit und Langsamkeit kennt, so kenne ich die Fülle aller harmonisch und disharmonisch wirkenden Kräfte in mir. Es sind einfach Kräfte mit hoher oder niedriger Temperatur …

Mich ihnen entgegenzustellen bedeutet ihnen eine Bedeutung zu verleihen, die sie nicht von Natur aus haben. Die Bedeutung erhebt sich nur dann aus dem wild fließenden Fluss, wenn jemand den Lauf der Dinge verändern will, um Richtungen zu bestimmen. Das verändert den Lauf und die Erfahrung des Daseins. Und auch das ist gelassen. Auch das wird ausgedrückt, wie es ist. Das Leben richtet nicht, es bildet lediglich ab, was ist und das ist letztlich der direkteste Ausdruck von Liebe.

Leid entsteht durch das Wissen um Glück

Da ist niemand, der sich einmischt und die eine Sache besser findet, als die andere. Und weil da niemand ist, ist auch niemand da, der etwas zu wissen glaubt. Leid entsteht durch das Wissen um Glück. Wenn das Glück vergeht, erscheint Leiden. Eine Intention, die das Glück verlängern will, weil sie die Abwesenheit von Glück nicht erträgt. Die Abwesenheit von Glück bedeutet Leiden. Es sind polare Kräfte, die einander bedingen.

Und beides wird im und als Leben ausgedrückt. Diese Darstellung dessen, was wirkt ist reine Liebe. Weil sie nicht davon ausgeht, dass Leiden besser ist als Glück. Warum lässt Gott das zu? Weil Gott weder weiß noch nicht weiß. Das Prinzip Gott ist jenseits von Beurteilung. Es ist der all-eine Künstler, der rein das wiedergibt, was in seinem Gewahrsein auftaucht.

In diesem Gewahrsein verändert sich die Wahrnehmung von Schmerz und Leid, wenn sie gelassen sind. Sie werden ausgedrückt, so, wie sie sind. Im offenen Empfang stellen sie  höchstens den Ausgleich von uneinsehbaren Kräften und keine Bestrafung, Abwertung oder Erleidung dar. Sie passieren wie Schnee – und Sandstürme, wie Regengüsse und Tornados.

Frieden ist schon, er kommt nicht erst …

Es geht nicht darum in den Frieden zu finden und allem unbeteiligt zu begegnen, weil Urteilslosigkeit in den Frieden führen soll. Das führt allenfalls in die Depression. Als Ausgleich zur Unterdrückung der natürlich erscheinenden Reaktionen.

Frieden ist, was die Substanz des Lebens schon immer ist. Wir sind schon Ausgedrückte. So, wie wir sind. Es gibt nichts zu verändern. Veränderung geschieht, wenn sie nicht geschehen soll. Dann sinkt etwas in sich ein, es kommt zur Ruhe, es hört auf zu strampeln, um Boden zu gewinnen – es lässt sich gehen und fließt endlich so, wie es fließt, wenn es gelassen ist …

Um Gott in uns zu finden, müssen wir uns gehen lassen. Gehen lassen als das Wissen um Richtig und Falsch, um Sicherheit und Abgrund, um Leben und Tod, um alle Kategorien, die wir in uns tragen, als unser innigstes Selbst, an das wir uns wie Ertrinkende klammern.

Du spürst es …

Der Sprung in die Liebe ist der Sprung in Gott, ist der Sprung in den Frieden, ist der Sprung in allgegenwärtiges Dasein, so, wie es jetzt gemeint ist. Ganz direkt. Ohne zu wissen, was das bedeuten soll. Die Bedeutung erschließt sich aus dem Dasein selbst, das sich selbst umfassend informiert.

Du spürst es, Du siehst es, Du fühlst es, Du erfährst es auf allen Ebenen Deines Daseins. Wenn der Körper schreit, dann holst Du alle Energie zu ihm zurück. Alle Aufmerksamkeit, die woanders hinstrebt … bring sie zum Brennpunkt. Solange es brennt. Das ist die Information. Ganz einfach. Ganz direkt. Alles Weitere zeigt sich hier. Im alternativlosen Raum Deiner Selbst. Hier, wo die fraglose Liebe selbst sichtbar macht, was ist.

 

 

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10 Kommentare

  1. Christoph T

    Es ist wirklich immer wieder spannend zu lesen, wie Du die Transparenz von allem beschreibst. Ich kann sie „sehen“, wenn ich das überhaupt so sagen kann, aber es ist als fehlt da noch ein Stück Erleben. Ich glaube, der Geist kann alles erfassen aber da ist immer ein Aber. Ich weiß, dass es alles auf eine Einfachheit hinweist, aber Wissen und Erleben ist irgendwie zweierlei.
    Aber dennoch, Dich zu lesen öffnet immer etwas in mir.
    Chris

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    • Nicole Paskow

      Ja, das stimmt, Christoph. Es muss Dich ebenso im Herzen berühren und und im Körper treffen. Der Geist braucht weder das Eine noch das Andere
      und doch ist er erst vollständig (und) lebendig, wenn er durch alles wirkt… LG Nicole

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  2. Ingo

    Das sich fallenlassen in den Abgrund, gezogen werden von der überwältigenden Macht der bedingungslosen Liebe bis der Wächter der Unendlichkeit – die Todeangst, die Angst sich aufzulösen, zu verschwinden- dich auf die Probé stellt. Wie oft bin ich daran gescheitert, es fehlt das letzte Stückchen Mut bzw Vertrauen. Es ist zum Verzweifeln. Die Sehnsucht ist so groß, doch das Durchschreiten so schwer. Ich breche weiter innerlich zusammen bis irgendwann der Widerstand verschwindet, hoffe auf die Gnade und lese deine Blogs.

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    • Nicole Paskow

      Vielleicht merkst Du ja irgendwann, dass es nicht um ein Zusammenbrechen geht, sondern um reine Intensität. Wenn sie Dich vollkommen durchrütteln darf, schwindet
      der Widerstand von selbst und Du fühlst und spürst nur noch und bist nur noch … Von Herzen alles Liebe zu Dir, Ingo. LG Nicole

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  3. Nina

    Hammer Text Nicole! DU inspirierst mich so sehr zum innehalten und in mich schauen und wahrnehmen, einfach wahrnehmen, was da auftaucht und ganz nah dran bleiben … DANKE! Ich freu mich Dich beim Kongress in Hamburg zu erleben!!! Gruß Nina

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    • Nicole Paskow

      Schön!Ich bin auch gespannt auf das, was sich da zeigen will 🙂 Viele Grüße zu Dir Nina! Nicole

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  4. Detlef

    Das hilft mir gerade genau da wo ich bin sehr. Danke!!!

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    • Nicole Paskow

      Schön, dass Du es mir mitteilst, Detlef 🙂 LG Nicole

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  5. Maja

    Ich lasse mich von diesem Text beträufeln. Er nimmt tatsächlich alles mit sich fort und lässt Nichts, mich als glückseligen Dank zurück.
    Danke dir! liebe Nicole

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    • Nicole Paskow

      Danke für Dein schönes Feedback, liebe Maja! 🙂 LG Nicole

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